Im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) hat die Berner Fachhochschule (BFH) eine Analyse der Wechselwirkungen zwischen den Freizeitaktivitäten im Wald und dem Waldökosystem durchgeführt. Damit wurde eine Massnahme der Strategie Freizeit und Erholung im Wald erfüllt.
Die Untersuchung mit dem Originaltitel Analyse des effets réciproques entre les activités de loisirs et de détente, l’écosystème forestier, sa diversité d’habitats et d’espèces et ses autres services écosystémiques besteht aus drei Teilen: 1) Literaturstudie, die sich mit den Auswirkungen von Freizeitaktivitäten auf die biologische Vielfalt der Wälder und den Waldlebensraum befasst, 2) Literaturstudie zur Integration von Freizeitaktivitäten in Planung und Waldbewirtschaftung und 3) Fallstudie, die in den Wäldern der Stadt Lausanne durchgeführt wurde. Die jeweiligen Ergebnisse werden synthetisiert und diskutiert.
Ausgewählte Resultate aus der Studie
Freizeitaktivitäten haben erhebliche negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt im Wald. Direkte Auswirkungen entstehen durch die Störung von Vögeln und grossen Säugetieren sowie durch Schäden an Vegetation und Boden. Die Hauptgründe für Störungen sind der visuelle Kontakt zwischen Tier und Mensch, Infrastruktureinrichtungen, Hunde, künstliche Geräusche und Lichtquellen. Indirekte Auswirkungen entstehen, durch Infrastruktureinrichtungen im Lebensraum Wald.
Die Auswirkungen von Freizeitaktivitäten auf die Biodiversität hängen nicht nur von der Art, sondern auch von der Intensität der praktizierten Aktivitäten ab. Dichte und räumliche Verteilung von Waldbesuchenden und Infrastruktureinrichtungen sind die wichtigsten Determinanten.
Sämtliche Freizeitaktivitäten haben Auswirkungen auf Vögel und Säugetiere. Luftgebundene Freizeitaktivitäten sind aber weniger gravierend dank des Sichtschutzes durch die Kronenschicht. Auch Reiten hat in der Regel nur relativ geringe Auswirkungen.
Die Verallgemeinerung der Ergebnisse aus der Literatur ist schwierig. Die überwiegende Mehrheit der Studien betrachtet punktuelle ethologische Elemente. Nur wenige Studien liefern Evidenz zu den langfristigen Auswirkungen auf Populationen und Fortpflanzungsraten der betroffenen Arten.
Die Auswirkungen auf kleine Säugetiere, Reptilien, Amphibien und Insekten sind nicht bekannt. Sie dürften in erster Linie infolge von Lebensraumveränderungen und -verlusten zustande kommen.
Eine der wichtigsten Massnahmen, um die Auswirkungen von Freizeitaktivitäten auf die Biodiversität des Waldes abzudämpfen, ist die gezielte Planung und Gestaltung von Waldwegen und -pfaden (sowie der Zugangsmöglichkeiten zu Waldgebieten über den öffentlichen oder den Individualverkehr) zur Schaffung von störungsfreien Räumen. Es ist jedoch schwierig oder sogar kontraproduktiv, Waldwege aufzuheben oder zu sperren, da der Wald von der Schweizer Bevölkerung weithin als öffentliches Gut wahrgenommen wird. Dagegen ist es möglich, mit der Gestaltung der Wege und mit waldbaulichen Massnahmen eine sanfte Lenkung des Besucherstroms zu erreichen. Beispielsweise können Büsche entlang von Waldwegen den Sichtkontakt zwischen Vögeln und Waldbesuchenden reduzieren und räumlich ein engeres Zusammenleben von Wildtieren und Waldbesuchenden ermöglichen.
Der Einbezug der Öffentlichkeit und von Interessengruppen in die Waldentwicklungsplanung ist von wesentlicher Bedeutung. Ebenso unerlässlich ist die Kommunikation mit der Öffentlichkeit, sowohl zur biologischen Vielfalt als auch zu waldbaulichen Eingriffen.
Durch Freizeitaktivitäten entstehen den Forstbetrieben direkte und indirekte Kosten. Im urbanen und siedlungsnahen Raum beläuft sich die finanzielle Belastung der Forstbetriebe auf schätzungsweise hundert bis mehrere tausend Franken pro Hektar und Jahr. Ungeachtet dieser Kosten generieren die Freizeitaktivitäten im Wald in der Regel kein Einkommen für die Waldeigentümer.
Das Beispiel der Stadt Lausanne zeigt, dass sich Konflikte zwischen der öffentlichen Nutzung und der biologischen Funktion auf einen kleinen Teil der Waldfläche beschränken. Die Belastung des Waldes durch Freizeitaktivitäten ist derzeit insgesamt zumutbar, nimmt jedoch zu und könnte in Zukunft zu Problemen führen. Waldbesuchende können durch die Bereitstellung attraktiver linearer oder punktueller Infrastrukturen und mithilfe einer angemessenen Beschilderung sanft gelenkt werden. Auch der Waldbau kann für die Besucherlenkung eine wichtige Rolle spielen. Er kann beispielsweise zur ästhetischen Aufwertung in Zonen eingesetzt werden, die für Waldbesuchende besonders attraktiv sein sollen.