Unter Besucherlenkung werden Massnahmen zur Beeinflussung von Waldbesuchenden hinsichtlich ihrer räumlichen, zeitlichen und quantitativen Verteilung sowie ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen gegenüber dem Wald verstanden. Mithilfe der Besucherlenkung sollen negative Auswirkungen auf den Wald minimiert und eine grösstmögliche Erholungs- und Erlebnisqualität gewährleistet werden.
Eine Massnahme der «Strategie Freizeit und Erholung im Wald» befasst sich mit der Besucherlenkung: Der Bund analysiert die verfügbaren Instrumente für die Besucherlenkung und für die Unterstützung von naturverträglichen Angeboten. Die Abteilung Wald des Bundesamtes für Umwelt hat das Büro Pan Bern AG deshalb beauftragt, Beispiele für Massnahmen zur Besucherlenkung zu sammeln, aufzubereiten und zu dokumentieren. Einige dieser Beispiele werden unten vorgestellt.
Feldberg (D)
Der Ranger Achim Laber hat sich mit der Hosentaschen Ranger App in einen „Ranger to go“ verwandelt. Die App bietet einen virtuellen Ranger-Service an, um Menschen durch das Naturschutzgebiet Feldberg (D) zu führen und zu leiten und dabei die seltene Flora und Fauna zu schützen.
Unter dem Motto „Lachkrämpfe statt Wadenkrämpfe“ führt die kostenlose Hosentaschen Ranger App die Besucher virtuell durch das Naturschutzgebiet Feldberg (eine der attraktivsten Wanderregionen des Schwarzwaldes) und erkundet es mit spannenden und humorvollen Touren und Kurzvideos, die über die lokale Flora und Fauna sowie die Geschichte der besuchten Orte informieren.
Die Anwendung besteht aus drei Hauptmenüs:
Eine Tour starten: Es werden verschiedene Touren mit ihren Eigenschaften (Länge, Dauer, Schwierigkeitsgrad, Höhenunterschied, Anfahrt, Parkplatz), einer detaillierten Beschreibung der Sehenswürdigkeiten, Fotos und einer Karte angeboten.
Rangerfilme, das Highlight dieser App: In kurzen, lustigen und informativen Videos werden Orte, Landschaften und Besonderheiten der Region vorgestellt, die man vor Ort beobachten kann.
Hütten: Die fünf möglichen Einkehrmöglichkeiten (Naturfreundehaus, Restaurant und Hütten) werden aufgelistet und beschrieben, unter anderem mit einer Karte und Fotos.
Die zentrale Rolle spielt ein gebürtiger Schwarzwald-Ranger (Achim Laber, seit über 30 Jahren Ranger). Ein Schlüsselelement ist der Humor: Achim Laber beschränkt sich nicht nur darauf, die verborgenen Schätze der Region zu erklären und zu zeigen, sondern versteht es auch, das Publikum mit zahlreichen informativen und lustigen Anekdoten zu fesseln. Ein weiterer Pluspunkt von „ranger to go“ ist, dass es völlig kostenlos ist.
Die App war ein grosser Erfolg. Die Videos, die ursprünglich für Wanderer produziert wurden, erreichten durch die Veröffentlichung auf Youtube ein viel breiteres Publikum. Eine Besonderheit dieser Massnahme ist die Integration der virtuellen Welt in die reale Welt: Die Besucher sollen durch das Gelände geführt werden, indem sie auf ihrem Smartphone auf Wege und Sehenswürdigkeiten hingewiesen werden.
Source:
- Hochschwarzwald TV 2011; Duval 2013; App Store 2021
Catalogne (ES)
Das Netzwerk der Naturparks in Katalonien (ES) hat die Zugänglichkeit zu seinem Leitmotiv gemacht und eine Angebotspalette von Wegen und Aktivitäten entwickelt, um seine Parks für alle zugänglich zu machen.
Das Netzwerk der Naturparks in Katalonien umfasst 12 Naturgebiete (103 ha) und über 100 Gemeinden. Seit über 15 Jahren setzt es sich dafür ein, den Zugang zur natürlichen Umwelt für alle zu erleichtern, indem es verschiedene Dienstleistungen und Infrastrukturen anbietet, die den unterschiedlichen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen gerecht werden (eingeschränkte Mobilität, geistige oder Aufmerksamkeitsdefizite, Seh- oder Hörschwierigkeiten usw.).
Die Einbeziehung der Barrierefreiheit in die Parks erfolgt auf drei Ebenen: Bildungsprogramm, pädagogisches Material und angepasste Routen. Es gibt zwei Arten von Routen:
Zugängliche Route: garantiert Unabhängigkeit, Sicherheit und Komfort für alle Nutzer.
Begehbare Route: nicht für alle zugänglich, bietet aber zusätzlichen Nutzen für bestimmte Nutzergruppen.
Material und Zugangshilfen werden am Eingang der Parks angeboten:
Handbikes: Fahrräder mit drei Rädern, die mit den Händen angetrieben werden.
Joëletten: Geländerollstühle mit nur einem Rad
Dreiräder: Rollstühle mit 3 Rädern
Richtungsstangen: 3 m lange Stangen zur Führung von Sehbehinderten
Eines der wichtigsten Angebote sind die inklusiven Theaterpfade: Sie sind kostenlos und richten sich an alle Altersgruppen. Sie bringen Teilnehmer und Schauspieler mit und ohne Behinderung zusammen, um in den Parks entlang der Wege Theaterstücke aufzuführen. Die Planung und Verwaltung dieser barrierefreien Angebote und Infrastrukturen erfolgt auf der Grundlage eines Zugänglichkeitsplans, der auch die Prüfung der benötigten Materialien, die Erstellung von barrierefreien Routen und die Schulung der Parkmitarbeiter umfasst.
Seit 2005 baut das Netzwerk der Parks in Katalonien seine Zugänglichkeit kontinuierlich aus. Das Video „Bleib nicht zu Hause“ fasst dieses Engagement und die grosse Zufriedenheit aller Besucher der Parks perfekt zusammen. Die Stärke dieser Massnahme liegt in der Kombination und Überlagerung von Nutzungen: Entwicklung von Infrastrukturen, die sowohl für Menschen mit Behinderungen als auch für alle anderen angemessen und attraktiv sind, wodurch die Attraktivität der Parks durch neue und innovative Angebote gesteigert wird.
Sources:
- Parcs de Catalunya 2021a; Parcs de Catalunya 2021b; Farré 2021
- Informations générales pour la Suisse: Procap Suisse et Fondation SuisseMobile 2020/Procap
- Schweiz und Stiftung SchweizMobil (2020).
Natural England (EN)
Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Menschen aus den Städten für Outdoor-Aktivitäten aufs Land fahren, hat Natural England (EN) beschlossen, seinen „Countryside Code“ zu aktualisieren, um sowohl Besuchern als auch Einheimischen zu helfen, das Land sicher und respektvoll zu geniessen.
Der Countryside Code ist ein Verhaltenskodex, der Ratschläge gibt, wie man sich an bestimmten Orten zu verhalten hat. Er macht es Besuchern leichter, zum Schutz, zur Achtung und zum freundlichen Umgang in Naturgebieten beizutragen.
Unter dem Motto „Respect, Protect, Enjoy“ sind die Ratschläge in drei Kategorien unterteilt: Respektiere - die Menschen, die in der Landschaft leben, arbeiten und sie geniessen. Schützen Sie - das Land, jetzt und für zukünftige Generationen. Geniessen - Britische Landwirte sind stolz darauf, die Landschaft Grossbritanniens zu nutzen. Wir alle können unseren Teil dazu beitragen, die Landschaft auf verantwortungsvolle Weise zu geniessen.
Alle Themen und Situationen, die bei Freizeitaktivitäten auf dem Land üblich sind, werden behandelt, z. B. Vieh, mit dem Hund spazieren gehen, ein Feuer machen, um zu grillen, Müll entsorgen, Schilder verstehen usw. Sie werden auf sehr konkrete, einfache und sachliche Weise behandelt.
Da die Vermittlung und Sensibilisierung ein zentrales Ziel des Kodex ist, wird viel Wert auf die Kommunikation gelegt: Poster, Videos, Zeitungsartikel, Posts in sozialen Netzwerken usw. Der Countryside Code ist in vielen Formen und Medien erhältlich.
Die erste Version des Coutryside Code wurde 1951 veröffentlicht. Nach 70 Jahren Entwicklung zeigt diese Massnahme, wie ein Verhaltenskodex langfristig das Bewusstsein von Besuchern und Einwohnern der betroffenen Regionen schärfen kann.
Sources:
- Countryside Online 2021.
Überwachung von Zugangsbereichen und markierten Wegen
Grande Cariçaie (VD, FR, NE)
Die Grande Cariçaie (VD, FR, NE) ist ein Naturschutzgebiet, das sich in der Nähe grosser Ballungsräume befindet. Um die verschiedenen Regulierungen durchzusetzen und möglichst viele Besucher zu erreichen, wurde ein interkantonales und interinstitutionelles Überwachungssystem eingerichtet.
Die Grande Cariçaie (3.000 ha) gehört zum Netzwerk der Ramsar-Gebiete und umfasst acht kantonale Naturschutzgebiete, die sich auf drei Kantone verteilen. Bestehend aus einer Vielzahl von Landschaften zwischen Sümpfen, Seen und Wäldern, wurden offizielle Wege und verschiedene Zugangszonen (darunter die Zone „Zugang nur auf markierten Wegen“) mit ihren eigenen Regelungen festgelegt. Um diese verschiedenen Regelungen durchzusetzen, wurde eine Gruppe von Aufsehern eingesetzt.
Mehr als 40 km Wege sind markiert und verschiedene Zugangsbereiche wurden festgelegt, um die Besucher zu lenken.
Es gibt eine Gruppe permanenter Aufseher, die regelmässig und bei festgestellten Verstössen patrouillieren.
Die Aufseher achten darauf, dass die Vorschriften eingehalten werden, um Ruhe- und Erholungsräume für die Tiere zu gewährleisten. Sie sensibilisieren die Besucher, erinnern an die bestehenden Regelungen und führen Anzeigen durch, die zu Geldstrafen führen können.
Die Überwachungsgruppe besteht aus Beamten der Kantone Waadt und Freiburg, der Polizei (Brigade du Lac VD und FR), der Wildhüter, der Fischereiaufseher und der Förster.
Die Beamten arbeiten eng mit der Associa-tion de la Grande Cariçaie (AGC, Organisation, die für die Verwaltung der Naturschutzgebiete zuständig ist) zusammen, z. B. bei der Änderung der Markierungen.
Die Koordination der Überwachung erfolgt durch die „Groupe surveillance des rives“, die sich aus Vertretern der Kantone und der AGC zusammensetzt.
Diese Massnahme wird seit mehreren Jahren durchgeführt. Ihre Besonderheit liegt in ihrem Überwachungssystem, das auf einer engen interkantonalen und interinstitutionellen Zusammenarbeit beruht, die die verschiedenen Partner und Organisationen, die am Schutz dieses Naturgebiets beteiligt sind, miteinander verbindet.
Sources:
- AGC 2021a
- AGC 2021b.
Interessengemeinschaft für eine saubere Welt (IGSU)
Um die Reduktion von Littering zu unterstützen, stellt die Interessengemeinschaft für eine saubere Umwelt (IGSU) das kostenlose Tool My site sponsoring zur Verfügung, mit dem jede interessierte Person in der ganzen Schweiz auf einfache und effiziente Weise ein Littering-Projekt einrichten und begleiten kann.
Littering bezeichnet das achtlose Liegenlassen oder Wegwerfen von Abfällen im öffentlichen Raum. In der Schweiz gibt es verschiedene Projekte zur Bekämpfung, die meist auf ehrenamtlicher Arbeit basieren. Die IGSU hat eine Online-Plattform zur Bekämpfung von Littering eingerichtet, auf der das Tool My site sponsoring kostenlos zur Verfügung steht, um den organisatorischen Aufwand und die Kosten für die Standortpatenschaft zu minimieren.
Standortpaten sind Einzelpersonen oder Gruppen, die dafür verantwortlich sind, ein bestimmtes Gebiet regelmässig zu reinigen.
Die Organisatoren der Standortpatenschaftsprojekte sind Städte, Gemeinden, Schulen, Vereine oder Unternehmen.
My Site Sponsorship verbindet die Organisatoren und Teilnehmer von Site Sponsorships mit nur wenigen Klicks über zwei einfache Formulare, die Sie online ausfüllen können, um eine neue Patenschaft anzukündigen oder sich als neuer Pate anzumelden.
Mit dem Tool My site sponsorship können Sie auch das erforderliche Material (Handschuhe, Sicherheitswesten und Informationstafeln) bestellen. Sobald Paten einer bestimmten Zone zugewiesen wurden, wird ihnen das Material direkt zugeschickt.
Unter dem Reiter „Standortpatenschaften“ auf der Online-Plattform der IGSU finden Sie eine Vielzahl von Ressourcen, wie z. B. eine Anleitung zur Umsetzung der Patenschaft, einen Kommunikationsleitfaden und eine Studie über Standortpatenschaften. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Sensibilisierung für diese Art von Projekt, indem verschiedene Kommunikationsmittel (Flyer, Banner und Pressemitteilung) zur Verfügung gestellt werden.
Insgesamt sind in der Schweiz mehr als 600 Paten an über 400 Standorten aktiv. Das Besondere an diesem Projekt ist, dass eine sehr einfache, aber effektive Massnahme, die auf dem freiwilligen Engagement von Privatpersonen in und für ihre Region beruht, unterstützt wird, indem sie noch leichter umsetzbar ist.
Sources: IGSU 2021
Sperrung von Strassen
Eigental (ZH)
Die Eigentalstrasse (ZH) ist seit einigen Jahren während den Hauptwanderzeiten von Amphi-bien ganz oder teilweise gesperrt.
Das Eigental ist ein Naturschutzgebiet mit vielen, artenreichen Amphibienbeständen. Da diese Tiere zwischen Landlebensraum und Laichgewässer wandern, um sich zu paaren und Eier abzulegen, ist ein Teil der Eigentalstrasse dreimal pro Jahr gesperrt.
Die Eigentalstrasse wird jährlich in drei Perioden ganz oder teilweise gesperrt:
Frühlingswanderung der Amphibien: nächtliche Sperrung (18 bis 8 Uhr); i.d.R von Mitte Februar bis Mitte April
Sommersperrung (Jungtierwanderung): Totalsperrung für 24 Stunden; vom 1. Juni bis zum 31. Juli
Herbstwanderung der Amphibien: nächtliche Sperrung (19 bis 7 Uhr); in max. 30 geeigneten Nächten im Zeit-raum Oktober bis November
Diese Sperrung betrifft Automobile und Motorräder. Sie gilt aber nicht für den Langsamverkehr und die Anwohnerschaft des Gehöfts Eigental, welches in der Mitte des Sperrgebietes liegt. Das Fahrverbot wird von der Stadtpolizei mit einer automati-schen Verkehrsüberwachung kontrolliert; Aus- und Einfahrten werden mit CHF 100 gebüsst. Diese Massnahme kommt auch vielen anderen Arten (Brutvögeln, Schmetterlingen, Heuschrecken, usw.) zugute, die in dieser Zeit ebenfalls sehr aktiv sind.
Zwischen März und April 2018 wurden insgesamt 700 Übertretungen des Fahrverbots registriert. Die Anzahl der Verstösse ist immer noch zu hoch, aber sie ging im Vergleich zur Vorperiode (über 1'000 Bussen) zurück. Zusätzliche Massnahmen – Installation von Gitter auf der Nebenstrecke sowie automatische und konventionelle Barriere auf der Eigentalstrasse – haben dazu beigetragen, den Autoverkehr zu verhindern. Die Besonderheit dieser Massnahme ist die Einrichtung einer flexiblen Strassensperrung (jahreszeitlich angepasst, Voll- oder Teilsperrung).
Quellen:
Kanton Zürich 2021; Hohler 2018; Saameli 2021; Wüthrich 2018.